Betriebsaufgabe/Betriebsabwicklung

Unterschied zwischen steuerbegünstigter kurzfristiger Betriebsaufgabe und langfristiger Betriebsabwicklung

Die Ehefrau eines verstorbenen, selbstständigen Künstlers erklärte für den Künstlerbetrieb die Betriebsaufgabe. Es wurde ein Aufgabegewinn ermittelt, der den ins Privatvermögen überführten Grundstücksteil, den Verkaufserlös für ein Kraftfahrzeug und nicht mehr benutzbare Betriebsvorrichtungen erfasste. Eine spätere Außenprüfung des Finanzamts bestätigte das Ergebnis.

Etwa 20 Jahre später veräußerte die Ehefrau die ausschließlichen Nutzungsrechte an einzelnen, aufgelisteten Werken ihres verstorbenen Ehemanns, darunter Manuskripte, Exposés und Ideensammlungen, die Grundlage für die künstlerische Tätigkeit waren. Das Finanzamt behandelte die erzielten Einnahmen als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit und unterwarf sie dem ermäßigten Steuersatz. Die Ehefrau war der Auffassung, dass es sich um nicht steuerbare Einnahmen handele. Sie habe die Gegenstände zum Andenken in ihren Privatbereich übernommen. Dabei sei weder sie noch der damalige Betriebsprüfer davon ausgegangen, dass dem künstlerischen Nachlass ein materieller Wert beizumessen sei. Erst jetzt sei von dritter Seite Interesse am Erwerb der Werke bekundet worden.

Zu diesem Fall vertritt der Bundesfinanzhof die folgende Auffassung: Das Betriebsvermögen eines verstorbenen Künstlers wird nicht automatisch Privatvermögen des Erben. Der Erbe kann zwischen einer kurzfristigen Betriebsaufgabe und einer länger andauernden Betriebsabwicklung wählen.

Eine steuerlich begünstigte, kurzfristige Betriebsaufgabe liegt vor, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb maximal 36 Monaten entweder insgesamt eindeutig äußerlich erkennbar in das Privatvermögen überführt oder veräußert werden. Weitere verbliebene wesentliche Betriebsgrundlagen müssen zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung objektiv wertlos sein oder anlässlich einer Außenprüfung vom Erben und dem Außenprüfer übereinstimmend für wertlos gehalten werden. Der Betrieb hört dann auf, als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen, eine ausdrückliche Betriebsaufgabeerklärung ist nicht mehr erforderlich.

Eine laufend zu versteuernde Betriebsabwicklung liegt vor, wenn die Wirtschaftsgüter sukzessive veräußert oder aus dem Betriebsvermögen entnommen werden. Sie umfasst keinen festen Zeitraum, selbst eine über Jahrzehnte andauernde Abwicklung ist denkbar. Sollten im Urteilsfall die nach 20 Jahren veräußerten Werke zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe einen nennenswerten Wert gehabt haben, der nicht versteuert und auch im Rahmen der späteren Außenprüfung nicht überprüft wurde, kann nicht von einer Betriebsaufgabe ausgegangen werden. Es handelt sich dann vielmehr um einen steuerlich nicht begünstigten steuerpflichtigen Abwicklungsvorgang. Waren sie zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung jedoch objektiv wertlos oder wurden im Rahmen der Prüfung durch Prüfer und Ehefrau für wertlos gehalten, ist der Künstlerbetrieb zu dem 20 Jahre zurückliegenden Zeitpunkt aufgegeben worden. Der heute erzielte Veräußerungspreis wäre der Privatsphäre der überlebenden Ehefrau zuzurechnen und nicht steuerbar.

Die Beweise, dass vor 20 Jahren die Merkmale einer Betriebsaufgabe vorlagen, hat die Ehefrau zu liefern.



Unternehmensteuerreform 2008 Realsplitting