Sozialversicherungsträger

Sozialversicherungsträger hat keinen Anspruch auf Nacherhebung von Sozialbeiträgen gegenüber dem Firmennachfolger

Für die Inanspruchnahme eines Firmennachfolgers wegen zu niedrig oder nicht entrichteter Sozialversicherungsbeiträge durch seinen Vorgänger fehlt eine Rechtsgrundlage. Es fehlt eine entsprechende gesetzliche Vorschrift zur Geltendmachung eines solchen Anspruchs durch die Sozialversicherungsträger. Aus dem Handelsrecht ergibt sich eine solche Rechtsgrundlage nicht. Dies hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz entschieden.

Dem Urteil lag der Fall eines Kaufmanns zu Grunde, der das Einzelhandelsgeschäft seiner Mutter übernommen und unter geänderter Firma fortgeführt hatte. Nachdem die neue Firma als Gewerbe angemeldet worden war, hatte ihr die zuständige AOK eine neue Arbeitgeberkontonummer zugewiesen. Nach einer Betriebsprüfung forderte die AOK von dem Betriebsübernehmer rund 3.500 € an Sozialversicherungsbeiträgen nach mit der Begründung, seine Mutter habe ihre Arbeitnehmer untertariflich entlohnt. Den entsprechenden Bescheid stützte die AOK auf § 25 HGB, der den Übergang von Geschäftsverbindlichkeiten auf den Rechtsnachfolger regelt.

Nach Ansicht des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz stellt diese Vorschrift keine Ermächtigung zur Inanspruchnahme eines Firmennachfolgers für zu niedrig oder nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge dar, erst recht nicht durch Verwaltungsakt.

Die Auferlegung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber einem Dritten bedürfe einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. Die Verfassung verbiete es den Verwaltungsträgern, ohne vorherige gesetzliche Befugnisnormen dem Bürger einseitig Pflichten aufzuerlegen oder solche festzustellen oder ihm Handlungsgebote zu erteilen. Aus diesem Grunde könne, wenn ein Gesetz einem Verwaltungsträger Aufgaben überträgt, allein daraus noch nicht geschlossen werden, dass es ihn auch ermächtigt, zum Aufgabenvollzug Pflichten des Bürgers von hoher Hand zu begründen oder nach seiner Ansicht objektiv-rechtlich bestehende Pflichten einseitig verbindlich durch Verwaltungsakt festzustellen. Vielmehr müsse hierfür eine gültige gesetzliche Ermächtigung vorliegen, deren wesentlicher Inhalt auch nach Zweck und Ausmaß vom Parlament selbst festgelegt worden sein muss, bevor die Verwaltung sich ohne Einschaltung der Gerichte einen für sie selbst gegen den Bürger vollstreckbaren Titel verschafft.

§ 25 HGB sei hier schon deshalb nicht einschlägig, weil der Rechtsnachfolger das Einzelhandelsgeschäft seiner Mutter nicht unter der bisherigen Firma fortgeführt hat. Zu den Geschäftsverbindlichkeiten im Sinne dieser Vorschrift gehörten zwar Steuern, wie der Gesetzgeber in der Abgabenordnung ausdrücklich geregelt habe, eine entsprechende Vorschrift für Sozialversicherungsbeiträge fehle indessen. Der Anspruch der AOK lasse sich deshalb nicht auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage stützen und sei deshalb nicht begründet.



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