Bankenkrise

Bankenkrise - Haftung von Banken, Anlageberatern- und Vermittler

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuellen Bankenkrise stellen sich Anleger die Frage, ob sie bei ihren Anlagen erlittene Verluste zumindest teilweise ersetzt verlangen können. Kann beispielsweise ein Anleger, dem noch kurz vor dem Zusammenbruch der amerikanischen Lehmann-Bank eine Anlage dieses Instituts empfohlen wurde, Schadenersatz verlangen? Hierzu gelten folgende Grundlagen:

Nimmt ein privater Anlageinteressent in einer konkreten Anlageentscheidung die Hilfe eines Kreditinstituts oder eines Anlagenberatungsunternehmens in Anspruch oder lässt sich dieses auf eine Beratung ein, kommt auch ohne eine entsprechende ausdrückliche Abrede und auch ohne Vereinbarung eines Entgelts ein Beratungsvertrag zustande, dies ist auch stillschweigend möglich. Der Berater hat in diesem Falle den Kunden über alle für die Anlageentscheidung wesentliche Umstände zu informieren und die erteilten Informationen fachkundig zu bewerten und zu beurteilen, er schuldet eine anlage- und objektgerechte Beratung. Grundlage hierfür ist insbesondere § 31 des Wertpapierhandelsgesetzes, das auch Schutzgesetz im Sinne des § 823 BGB ist und bei dessen Verletzung daher eine Schadenersatzpflicht begründet werden kann.

Anlagegerecht handelt der Berater nur, wenn er das Anlageziel des Kunden (sichere Geldanlage oder aber die Bereitschaft zur Übernahme eines Risikos) und sein einschlägiges Fachwissen abklärt. Eine Aufklärungspflicht besteht, wenn der Auftrag vom Anlageziel des Auftraggebers oder seinem bisherigen Risikoprofil abweicht. Gegenüber einem konservativen Anleger ohne Fachwissen darf der Berater nur Anlagen empfehlen, bei denen Risiken weitestgehend ausgeschlossen sind. Bei einer Anlage zur Alterssicherung darf er keine spekulative Anlage empfehlen. Die Bank bzw. der Berater muss über alle Umstände und Risiken, die für die Anlageentscheidung Bedeutung haben, richtig und vollständig informieren. Insbesondere darf durch Abschwächung von Risiken keine Irreführung erfolgen. Nimmt der Berater ausländische Papiere in das Programm, muss er sich auch anhand ausländischer Quellen über die Güte der Papiere informieren und sie einer eigenen Prüfung unterziehen. Er muss auf Verschlechterungen der Einstufung in den Ratings und kritische Stimmen in der Wirtschaftspresse hinweisen. Die Bewertung und Empfehlung muss ex ante betrachtet vertretbar sein. Der Berater darf sich nicht auf die Börsenzulassung, den Inhalt des Zulassungsprospekts oder andere Angaben des Kapitalsuchenden verlassen. Ist er zu einer zuverlässigen Bonitätsprüfung nicht in der Lage, muss er den Kunden hierüber unzweideutig informieren.

Verletzt der Berater seine Aufklärungspflicht, kann der Kunde sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen und Schadenersatz verlangen. Sind grundlegende Aufklärungspflichten verletzt worden, besteht der Anspruch auch dann, wenn nicht die unrichtig dargestellten, sondern andere Risiken zum Wertverfall führen.

Wesentlich ist, dass der Kunde die Beweislast für die Pflichtverletzung trägt, er muss also im Streitfall beweisen, dass er einen Hinweis auf die erforderlichen Risiken nicht erhalten hat.

Prägnante Beispiele für pflichtwidriges Verhalten sind:

Empfehlung von Aktien des neuen Markts in der Regel seit Dezember 1998

Empfehlung einer Aktie, die im amerikanischen NASDAQ-Computersystem gehandelt wird, ohne Aufklärung über die Risiken dieser Aktien

Empfehlung von Fondsanteilen mit dem Risikoprofil "risikobewusst" als "sicher"

Empfehlung von risikoreichen Altersfonds zur Alterssicherung (anders, wenn die Risiken der vom Anleger gewünschten Risikoklasse entsprechen)

bei Immobilienkapitalanlagen Empfehlung einer Anlageform, bei der wegen der Einkommensverhältnisse des Anlegers ein Steuervorteil gegen Null tendiert.



Im Falle eines Anlagenvermittlers kommt ebenso stillschweigend ein Auskunftsvertrag zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er bei der Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Vermittler daraufhin tätig wird. Der dadurch zum Vertragspartner gewordene Vermittler muss den Anlageinteressenten ebenso wie ein Berater richtig und vollständig über alle für die Anlage wichtigen Umstände informieren. Er schuldet zwar in der Regel keine Bewertung dieser Umstände, haftet aber aus dem Auskunftsvertrag, wenn er Fondsanteile mit dem Risikoprofil "risikobewusst" als "sicher" empfiehlt. Er ist verpflichtet, ein Anlagekonzept auf wirtschaftliche Plausibilität zu überprüfen. Auch nach Vertragsende kann eine Pflicht zur Richtigstellung unrichtiger Informationen bestehen. Die Haftung für die Verletzung der Beratungspflicht kann der Vermittler nicht formularmäßig abbedingen. Vertraut der Anleger bei einer hochspekulativen Anlage erkennbar unzulässigen Angaben wie z.B. einer 12%-igen Rendite im Monat, kommt eine Mithaftung nach einer im Einzelfall zu beurteilenden Quote in Betracht.

Die Haftung der Banken ergibt sich parallel im Falle einer Anlageberatung zum oben Gesagten. Auch dann, wenn ein Kredit zur Finanzierung einer Vermögensanlage aufgenommen wird, kann zwischen dem Kreditnehmer und der Bank ein Beratungsvertrag zustande kommen. Beschränkt sich die Bank auf die Rolle des Kreditgebers, besteht für sie grundsätzlich keine Pflicht zur Prüfung und Aufklärung und schuldet auch nicht ungefragt eine Objekt- oder Unternehmensberatung. In bestimmten Fallgruppen kann die Bank aber nach allgemeinen Grundsätzen verpflichtet sein, auf Risiken der geplanten Anlage hinzuweisen. Verletzt die Bank diese Aufklärungspflicht, kann der Kunde sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen und Schadenersatz verlangen. Eine Aufklärungspflicht für die Bank besteht jedenfalls immer dann, wenn sie gegenüber dem Kunden einen konkreten Wissensvorsprung hinsichtlich Risiken einer Anlage hat.

Ganz wesentlich ist bei den vorstehenden Fällen die Frage der Verjährung. Die ursprüngliche 30-jährige Frist, die nach § 43 des Wertpapierhandelsgesetzes in der alten Fassung gegolten hat, ist am 31.12.2004 abgelaufen (EGBGB Art. 229 § 6). Die heutige Frist für die Verjährung von Ansprüchen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (§ 37 a) beträgt 3 Jahre und entspricht somit im Prinzip der regelmäßigen Verjährungsfrist nach dem BGB (§ 195). Ganz wesentlich für die Verjährung nach dem Wertpapierhandelsgesetz ist allerdings der Umstand, dass die Rechtsprechung davon ausgeht, dass die Verjährung bereits mit Erwerb der betreffenden Anlageform zu laufen beginnt, da der Anspruch in diesem Zeitpunkt entsteht. Auch eine sogenannte Sekundärverjährung wird von der Rechtsprechung abgelehnt.

Das bedeutet vorliegend, dass in vielen Fällen der Anleger gar nicht mehr in der Lage sein wird, einen eingetretenen Schaden geltend zu machen, wenn der Kauf der Anlage bereits mehr als 3 Jahre zurückliegt. Außerhalb der 3-Jahresfrist kann ein Schadenersatzanspruch nur in Ausnahmefällen mit Erfolgsaussichten geltend gemacht werden.

20. Oktober 2008

Dr. Dieter Creutzfeldt
-Rechtsanwalt-