Änderung der Steuerfestsetzung

Änderung der Steuerfestsetzung bei fehlenden Steuerakten

Ein Steuerzahler hatte sich an einer Bauträgergesellschaft beteiligt. Für das Veranlagungsjahr 1975 war ihm aus dieser Beteiligung zunächst ein Veräußerungsgewinn zugerechnet worden. Nach langjährigen finanzgerichtlichen Auseinandersetzungen wurde dieses Ergebnis im Jahr 2002 auf 0 € korrigiert. Als er die entsprechende Änderung seiner Einkommensteuerveranlagung beantragte, lehnte das Finanzamt dies ab. Als Begründung wurde ihm mitgeteilt, dass seine Steuerakten aus dem Jahr 1975 nach Ablauf der auch für die Finanzverwaltung geltenden Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren vernichtet wurden. Deshalb sei es unmöglich, für ihn die richtige Steuer festzustellen. Auch eine Schätzung in Anlehnung an die angrenzenden Veranlagungszeiträume käme nicht in Betracht.

Diese Denkweise wurde durch den Bundesfinanzhof abgelehnt. Unklarheiten, die auf fehlende Steuerakten zurückzuführen sind, müssen daraufhin überprüft werden, wer dafür verantwortlich ist. Liegen die Ursachen im Verantwortungsbereich der Finanzverwaltung, sind sie ihr zuzurechnen. Das für die Bauträgergesellschaft zuständige Finanzamt hatte pflichtwidrig das für den Steuerzahler zuständige Finanzamt nicht über den Steuerrechtsstreit informiert. So war es zu erklären, dass das Wohnsitzfinanzamt die Steuerakten des Steuerzahlers vernichtet hatte.

Da nicht mehr feststellbar war, ob und in welcher Höhe ein Veräußerungsgewinn in der ursprünglichen Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt wurde, ist eine Minderung der Einkünfte in der jetzt durch das Betriebsfinanzamt mitgeteilten Höhe vorzunehmen. Da die übrigen Besteuerungsgrundlagen nicht mehr bekannt sind, ist eine Schätzung durchzuführen. Sie muss zu einem schlüssigen, wirtschaftlich möglichen und vernünftigen Ergebnis der Einkünfte führen.



Zwischen Sondervergütung und Entnahme