Reform der Pflegeversicherung

Reform der Pflegeversicherung

Durch das Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz), welches am 1.7.2008 in Kraft getreten ist, wird die Pflegeversicherung 13 Jahre nach ihrer Einführung erstmals einer grundlegenden Reform unterzogen. Das Gesetz sieht eine Erhöhung bestimmter Pflegesätze vor sowie verbesserte Leistungen für Demenzkranke. Pflegeheime werden künftig strenger kontrolliert, und Arbeitnehmer können eine unbezahlte Pflegezeit bis zu sechs Monaten in Anspruch nehmen. Darüber hinaus erhalten Sie einen Anspruch auf eine kurzfristige unbezahlte Freistellung bis zu zehn Arbeitstagen, wenn sie akut die Pflege eines Angehörigen organisieren müssen. Folgende Einzelregelungen des Gesetzes erscheinen besonders interessant:

Schaffung von Pflegestützpunkten

Durch eine finanzielle Förderung des Bundes erhalten die Länder die Möglichkeit, Pflegestützpunkte in Wohnquartieren zu errichten, bei denen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen Rat und Hilfe zum Thema Pflege erhalten können. Die Bundesregierung rechnet mit ca. 3.000 solchen Pflegestützpunkten bundesweit.

Individualanspruch auf umfassende Pflegeberatung (Fallmanagement)

Ab Beginn des Jahres 2009 haben Betroffene und Angehörige einen Anspruch darauf, dass ihnen bei der Organisation der Pflege und der Abwicklung aller dazugehörigen Formalitäten geholfen wird. Ab diesem Zeitpunkt sind die Krankenkassen verpflichtet, Berater vorzuhalten, die jeden einzelnen Fall prüfen und entsprechende Hilfe leisten (Fallmanagement).

Einbeziehung neuer Wohnformen

Bewohner von Senioren-Wohngemeinschaften können ihre Pflegeleistungen in Zukunft „poolen“, d. h. gemeinschaftlich in Anspruch nehmen. Dabei frei werdende Leistungs- und Zeitkapazitäten sollen den betreffenden Pflegebedürftigen direkt wieder zugutekommen.

Leistungsverbesserungen

Das Pflegegeld steigt in Stufe I von 205 € auf 235 €, in Stufe II von 410 € auf 440 € und in Stufe III von 665 € auf 700 €. Die Beträge für stationäre Pflege bleiben in den Stufen I und II unverändert, in der Stufe III werden sie schrittweise erhöht. Auch die Beträge für ambulante Sachleistungen steigen: von 384 € auf 450 € in der Pflegestufe I, von 921 € auf 1.100 € in der Pflegestufe II und von 1.432 € auf 1.550 € in der Stufe III. Dabei handelt es sich jeweils um Monatsbeträge.

Dynamisierung

Ab dem Jahr 2015 werden die Leistungen der Pflegeversicherung in einem dreijährigen Turnus überprüft und ggf. angepasst (Leistungsdynamisierung).

Anspruch von Beschäftigten auf Einräumung einer Pflegezeit

Angehörige von Pflegebedürftigen erhalten einen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit. Er umfasst längstens einen Zeitraum von sechs Monaten. Während dieser Zeit werden Sozialversicherungsbeiträge für den Pflegenden bezahlt, er erhält allerdings kein Gehalt. Die Regelung gilt nicht in Betrieben mit bis zu 15 Mitarbeitern. Darüber hinaus gibt es einen kurzfristigen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, der einen Zeitraum bis zu zehn Arbeitstagen umfassen kann, damit Beschäftigte die Pflege eines nahen Angehörigen organisieren können.

Qualitätssicherung von Pflegeeinrichtungen

Für Pflegeheime werden in Zukunft besondere Qualitätsstandards verbindlich festgeschrieben. Außerdem ist vorgesehen, dass Pflegeheime ab dem Jahr 2011 mindestens einmal pro Jahr unangemeldet geprüft werden. Bei den Kontrollen soll insbesondere auf den Pflegezustand der Heimbewohner geachtet werden (sog. Ergebnisqualität). Bis zum Inkrafttreten dieses jährlichen Prüfungsturnus soll jedes Pflegeheim mindestens einmal einer solchen Kontrolle unterworfen werden.

Vom Jahr 2009 an sind Pflegeheime auch verpflichtet, eine zusammenfassende Darstellung eventueller Prüfungsergebnisse in gut sichtbarer Weise auszuhängen. In diesem Zusammenhang soll auch ein neues Bewertungssystem geschaffen werden, welches etwa in Form eines Ampelschemas (rot-gelb-grün) oder eines Sternchenschemas (wie bei Hotels) funktionieren könnte.

Kürzere Bearbeitungszeiten für Anträge auf Pflegeversicherung

Die Pflegekassen werden verpflichtet, spätestens nach fünf Wochen über Pflegeanträge zu entscheiden. Befindet sich der Antragsteller im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung oder ist während des Klinikaufenthalts ein Antrag auf Pflegezeit gestellt worden, so hat die Begutachtung innerhalb einer Woche zu erfolgen. Gleiches gilt, wenn der Antragsteller in einem Hospiz untergebracht ist oder sich in ambulanter Palliativversorgung befindet.

Frühere Inanspruchnahme von Pflegeleistungen

Leistungen aus der Pflegeversicherung kann zukünftig in Anspruch nehmen, wer eine Vorversicherungszeit von zwei statt wie bisher fünf Jahren nachweisen kann.

Verkürzung der Vorpflegezeit für die Inanspruchnahme von Verhinderungspflege

Zukünftig ist es möglich, dass Angehörige, die Pflegebedürftige pflegen, schon nach sechs statt wie bisher erst nach zwölf Monaten während einer Verhinderung, z. B. eines Urlaubs, die Hilfe einer Verhinderungspflege in Anspruch nehmen können.

Beitragszahlungen zur Rentenversicherung auch bei Urlaub von Pflegepersonen

Während in der Vergangenheit die Zeiten, in denen sich eine Pflegeperson in Urlaub befand, nicht für die Rentenversicherung zählten, werden zukünftig während dieses Urlaubs Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt.

Verbesserte Leistungen für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz

Insbesondere demenzkranken Personen werden höhere Beträge gewährt. Der ihnen zusätzlich gewährte Betrag von derzeit 460 € pro Jahr wird auf 1.200 € bei geringem und auf 2.400 € bei höherem Betreuungsbedarf angehoben. Pflegeheimen wird vorgeschrieben, dass für je 25 Bewohner eine zusätzliche Betreuungsassistenz geschaffen wird. Damit wird neben der bereits vorgesehenen Verbesserung der Betreuung demenziell erkrankter Pflegebedürftiger im ambulanten Bereich auch die Betreuung solcher Personen in Pflegeheimen verbessert.

Anhebung des Beitragssatzes um 0,25 %

Finanziert werden die neuen Regelungen durch eine Erhöhung des von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu entrichtenden Beitragssatzes um 0,25 % auf 1,95 % des Bruttolohns (Kinderlose: 2,2 %). Diese Änderung tritt am 1.7.2008 in Kraft. Sie soll ausreichen, um den Beitragssatz in der Pflegeversicherung bis zum Jahr 2014 konstant zu halten.

Wer sich über Einzelheiten der Reform unterrichten möchte, kann dies auf den Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit http://www.bmg.bund.de tun.



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