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Regelung der Besteuerung von privaten Grundstücksgeschäften verfassungswidrig?
Bereits seit 1925 unterlag die Veräußerung von Grundstücken des Privatvermögens dann der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als zwei Jahre betrug. Dieser Zeitraum ist durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 / 2000 / 2002 auf zehn Jahre verlängert worden.
Der Bundesfinanzhof hat deshalb das Bundesverfassungsgericht angerufen. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs durften private Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach dem 31.12.1998, bei denen die zuvor geltende Spekulationsfrist von zwei Jahren bereits abgelaufen war, nicht übergangslos der Besteuerung unterworfen werden. Die Neuregelung sei verfassungswidrig, weil sie gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Vertrauensschutz verstößt und der Vertrauensschutz das Änderungsinteresse des Gesetzgebers überwiegt.
Mit dem Erwerb eines Grundstücks wird eine wirtschaftlich motivierte Disposition getroffen und hierbei das Grundrecht der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit in Anspruch genommen. Die besondere
Schutzwürdigkeit des Vertrauens ergibt sich nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch daraus, dass die Regelung im Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits seit 74 Jahren galt. Mit dem steuerlichen Zugriff des Gesetzgebers in wirtschaftlich abgeschlossene, bisher nicht steuerbare Wertzuwächse musste nicht gerechnet werden.
Eine angemessene Übergangsregelung muss nach Meinung des Bundesfinanzhofs jedenfalls diejenigen Fälle ausnehmen, in denen die Spekulationsfrist zur Zeit der Neuregelung bereits abgelaufen war.
Es obliegt nun dem Bundesverfassungsgericht, die ab 1999 für die Veräußerung privater Grundstücke geltende Regelung wegen Verstoßes gegen das Grundgesetz für nichtig oder mit dem Grundgesetz unvereinbar zu erklären und dem Gesetzgeber gegebenenfalls eine verfassungskonforme Neuregelung aufzugeben.
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